(uba) Der SV Reudern hat eine komplett neue Vereinsspitze gewählt, 50 Prozent davon sind Frauen
Die Politik kann sich eine dicke Scheibe vom SV Reudern abschneiden. Der in den letzten Jahren konstant über 900 Mitglieder verzeichnende Sportverein aus dem Nürtinger Stadtteil hat seit Freitag eine Frauenquote von 50 Prozent in der vierköpfigen Vorstandschaft. Bei der Hauptversammlung ging der Wechsel an der Vereinsspitze der „Hirsche“ reibungslos über die Bühne.
Der Nebenraum im Vereinsheim des SVR war proppenvoll. Die Plätze reichten gar nicht aus. Offensichtlich hatten die Mitglieder den Ernst der Lage erkannt. Über zwei Jahre lang hatte die seitherige SVR-Führung den Stabwechsel vorbereitet, dabei immer wieder Rückschläge wegstecken müssen. Vor zwölf Monaten noch drohte eine außerordentliche Hauptversammlung und danach das schlimmste Szenario – die Vereinsauflösung. Im März 2018 erklärten sich dann aber doch mehrere Mitglieder bereit, das scheidende Gremium bei seiner Arbeit ein Jahr lang parallel zu begleiten. Mit Erfolg, denn die vierköpfige Vorstandschaft konnte jetzt komplett neu besetzt werden, eine neue Ära beginnt.
Die Neuwahlen gingen nach der einstimmig erteilten Entlastung der seitherigen Vorstandsmitglieder, die Ortsvorsteher Bernd Schwartz beantragt hatte, allesamt einstimmig über die Bühne. Der neue SVR-Vorstand setzt sich nun aus Karin Burr (Sport und Jugend), Torsten Hoppe (Organisation und Veranstaltungen), Birgit Wolfer (Finanzen und Mitgliederpflege) und Oliver Felten (Öffentlichkeitsarbeit und Sponsoring) zusammen. Burr und Wolfer wurden für ein Jahr gewählt, Hoppe und Felten für zwei. Sie lösen Bernd Unzeitig, Henrik Guth, Erich Rüb, dem für sein umfangreich dargelegtes Zahlenwerk von den Kassenprüfern erstklassige Arbeit attestiert wurde, und Uwe Bauer ab. Sie waren zum Teil jahrzehntelang ehrenamtlich für den Verein tätig. Schwartz lobte den Weitblick, den die SVR-Funktionäre schon vor vier Jahren bewiesen hätten, als sie durch eine Umstrukturierung des Vereins und seiner Abteilungen das Problem des Generationswechsels an der Vereinsspitze im Auge hatten.
Die Beiträge erstmals nach sieben Jahren wieder moderat angepasst
Zweiter wichtiger Punkt auf der Tagesordnung war ein Antrag der Vorstandschaft, die Mitgliedsbeiträge anzupassen. Die letzte Erhöhung datiert von 2012, also vor sieben Jahren. Der seitherige Finanzvorstand Erich Rüb hatte Vergleichszahlen benachbarter Vereine vorgelegt und erläutert, dass sich der SVR mit seinen Beiträgen im „unteren Bereich“ bewege. „Stetig steigende Kosten machen eine Erhöhung nötig“, hieß es in der Vorlage, zumal der Verein mehr als 50 Prozent seines Beitragsaufkommens für fixe Kosten berappen muss. Die Versammlung folgte den Argumenten der Chefetage und verabschiedete die „moderate Erhöhung“ (Rüb), die ab dem Jahr 2020 greift, bei einer Enthaltung.
Nachdem die Hauptversammlung den im vergangenen Jahr Verstorbenen Kurt Lehmann (Ehrenvorsitzender), Hermann Kurz (langjähriger Hauptkassier) und Martha Schweizer, gedacht hatte, präsentierte Bernd Unzeitig in seinem Bericht die bunte Palette des vielfältigen Angebots der fünf Abteilungen Rad, Ski, Leichtathletik/Jedermann, Fußball und Tischtennis. „Grundsätzlich“, sagte er, „hat sich gegenüber dem Vorjahr nichts geändert.“ Vorzeigeabteilung sei nach wie vor die Abteilung Rad, die mit ihren großen Erfolgen auf regionaler und überregionaler Ebene weit über die örtlichen Grenzen hinaus ausstrahle. Mit 25 ausgebildeten Trainern verfügt der SVR, der für die Leistungssportler mit sieben Bundes- und Landeskaderfahrer das „Racing-Team Reudern“ gegründet hat, über das größte Lehrteam eines Vereins in Baden-Württemberg. Mittlerweile ist die Radabteilung mit über 100 Kindern und Jugendlichen sogar deutschlandweit eine der größten. „Das ist überragend für einen Ort wie Reudern“, lobte Unzeitig.
Einen großartigen Erfolg kann auch die Tischtennisabteilung verbuchen, denn Lukas Brückner hat sich als Zweiter der Jugend-Bezirksmeisterschaft für die Württembergische Meisterschaft qualifiziert. Inzwischen mischen drei SVR-Teams im aktiven Spielbetrieb mit. „Tischtennis entwickelt sich konstant nach vorn“, fand Unzeitig lobende Worte. Ebenso wie bei den Leichtathleten, bei denen 80 Sportabzeichen an Teilnehmer zwischen sechs und 70 Jahren verliehen werden konnten. Mit Martina Rohner ist allerdings eine langjährige Übungsleiterin ausgeschieden.
Trainer und Betreuer werden auch bei den Fußballern händeringend gesucht. Die Kicker sind weiterhin das Sorgenkind des Vereins, ohne eigenständige aktive Mannschaft und Nachwuchsteams nur in den jüngsten Altersbereichen. Zudem sind die Einnahmen vom Vatertag weit hinter den Erwartungen zurück geblieben. Lichtblick: Die Spielgemeinschaft mit der dritten Mannschaft der TSV Oberensingen funktioniere.
Die Datenschutzgrundverordnung hat die SVR-Funktionäre im zurückliegenden Jahr ziemlich in Beschlag genommen. „Das war ein Riesenaufwand“, stöhnte Henrik Guth, „aber wir sind jetzt gut aufgestellt und haben die Vorgaben so weit wie möglich voran gebracht.“ Wenig Resonanz aus den Abteilungen erhielt die Vorstandschaft auf Pläne, Veranstaltungen wie die SVR-Party oder das Fußball-Ortsturnier neu zu beleben.
Die Gemeindehalle in Reudern ist längst an ihre Kapazitätsgrenze gelangt und der Sportverein sucht immer wieder die Kooperation mit anderen Gruppierungen, um den Sport- und Trainingsbetrieb zu gewährleisten (zum Beispiel mit der Feuerwehr). Ortsvorsteher Schwartz deutete Abhilfe an. „Wenn im Mai das neue Bürgerhaus bezogen wird“, sagte er, „gibt es in der Halle wieder mehr Spielraum.“
Der SV Reudern zeichnete bei der Hauptversammlung langjährige Mitglieder aus. Von links Serhat Ilica (25 Jahre), Oliver Felten und Torsten Hoppe, die die Ehrungen vornahmen, Hermann Besemer (40), Jörg Bauer (40), Bernd Unzeitig (40), Werner Kotz (50) und Uwe Müller (25). Auf dem Bild fehlen Andreas Broetz (25), Michaela Fritz (25), Hermann Bäurle (40) und Walter Besemer (40). Foto: of
Die neue Vorstandschaft des SV Reudern: Von links Torsten Hoppe, Birgit Wolfer, Karin Burr und Oliver Felten. Ganz rechts Ortsvorsteher Bernd Schwartz, der die Neuwahlen bei der SVR-Hauptversammlung leitete. Foto: of