Der Busfahrer kickt mit

Die Fußballabteilung des SVR wurde im Jahr 1932 gegründet. Der Sport mit dem runden Leder hatte auch in Reudern immer mehr Freunde gefunden und erfreute sich ständig steigender Beliebtheit. Am 3. Juli 1932 wurde bei einer Versammlung in der „Linde“ erstmals der Wunsch vorgetragen, einen eigenen Sportplatz zu bekommen. Nachdem endlich alle Fragen mit der Gemeinde geklärt waren, wurden am 27. Dezember des gleichen Jahres Nägel mit Köpfen gemacht und ein Vertrag unterzeichnet.
Im Frühjahr 1933 machten sich dann die Mitglieder mit großem Eifer daran, den Platz in Eigenleistung zu bauen – am heutigen Standort im Aspach. Als der Verein im Sommer sein 20-jähriges Bestehen feierte, wurde der Platz gleich eingeweiht. Hermann Stephan war letztes Gründungsmitglied der Fußballabteilung, er starb im Mai 2007 im Alter von 90 Jahren – als die Abteilung ihr 75-jähriges Jubiläum beging.
Die Fußballabteilung entwickelte sich nach dem Krieg rasant und wurde zu einem Stützpfeiler des SVR. Bei den Generalversammlungen wurde immer akribisch Bericht erstattet, jedes Freundschaftsspiel und die ganze Saison noch einmal Revue passieren lassen. Die Abteilung wuchs und wuchs, der Fußball begeisterte auch die Jugend immer mehr. Logische Folge dieser Entwicklung: Es wurden Nachwuchsmannschaften gemeldet. Das zahlte sich aus, denn damit einher gingen sportliche Erfolge. Viermal schafften die SVR-Kicker den Aufstieg in die heutige Kreisliga A (1956/57, 1965/66, 1981/82 und 1984/85), doch sie konnten sich nie längerfristig in der höheren Spielklasse etablieren. Im zweiten Jahr stiegen sie jedes Mal wieder ab. Einmal standen die „Hirsche“ sogar im Endspiel des Bezirkspokals (1986), verloren gegen den Landesliga-Aufsteiger TSV Berkheim allerdings mit 0:4.
Besonders stolz sind die SVR-Fußballer auch darauf, den Sennerpokal gewonnen zu haben. 1962 gelang ihnen dieses Kunststück zum bislang einzigen Mal in heimischer Umgebung. Aus Anlass der Einweihung des neuen Vereinsheims war dem SVR die Ausrichtung des C-Klasse-Turniers übertragen worden. Im Finale wurde der TSV Altenriet klar mit 4:0 bezwungen. Der SVR war noch drei weitere Male Ausrichter des Sennerpokals: 1972 im Rahmen des 40-Jährigen Bestehens der Abteilung, 1990, als das Spektakel bereits über 7 Tage ging. Es war ein grandioses Fest mit 7 Tagen Sonne pur. Das insgesamt vierte Mal fand der Sennerpokal 2013 im Rahmen des 100-jährigen Vereinsjubiläums im Aspach statt. Von Sonntag bis Sonntag, also über acht Tage hinweg, war’s im Juli wieder ein rauschendes Fußballfest – allerdings mit einem unheilvollen Ende. Just während des Endspiels setzte nämlich ein Hagelsturm mit Hagelkörnern so groß wie Hühnereier ein, sodass das Finale 15 Minuten vor Schluss abgebrochen werden musste und Sachschaden in Höhe von zehntausenden von Euro hinterließ.
Ein Höhepunkt der Abteilungsgeschichte war die Einweihung des neuen Rasenspielfeldes 1982 – rechtzeitig zum 50-jährigen Abteilungsjubiläum. Gegner war der SV Göppingen, der damals in der Oberliga spielte und vom ehemaligen österreichischen Nationalspieler und Profi des VfB Stuttgart, Hans „Buffy“ Ettmayer trainiert wurde. Er zauberte und begeisterte die Zuschauer mit tollen Kabinettstückchen. Bei der 1:6-Niederlage erzielte Jürgen Fuchs per Freistoß die Reuderner 1:0-Führung.
Auch auf eine erfolgreiche Frauen-Ära blicken die SVR-Fußballer zurück. In der Saison 1989/90 schafften die Frauen sogar den Aufstieg in die Bezirksliga. Auch die Mädchen schrieben positive Schlagzeilen, sie wurden 1991/92 nicht nur Staffelmeister und Hallen-Bezirksmeister, sondern stellten mit Tanja Oßwald und Suzanna Gawran auch zwei WFV-Auswahlspielerinnen. Nach elf Jahren war allerdings die Luft raus bei den Frauen und der Spielbetrieb wurde 1994 eingestellt.
Die Ausflüge der Fußballer waren legendär, noch heute werden die unglaublichsten Geschichten davon erzählt. Etwa von einem Tripp in den 1960er Jahren an die Adria. Natürlich war ein Testspiel vereinbart und der SVR auf großen Plakaten als deutsche Topmannschaft angekündigt worden. Das Stadion war gut gefüllt, vor der Partie spielten zwei Frauenmannschaften gegeneinander. Als es dann los ging, kehrte bei den Besuchern schnell Ernüchterung ein und die Ränge entleerten sich ruckzuck. Die Reuderner hatten, wie bei Ausflügen auch heute immer noch üblich, kräftig gefeiert und mussten, um überhaupt eine Elf stellen zu können, sogar den Busfahrer aufbieten. Über das Resultat hüllt man heute noch den Mantel des Schweigens.
Ende der 1980er Jahre spielte der SVR wieder einmal an der Adria – und gewann recht klar. Die Gastgeber waren sich ihrer Sache wohl sehr sicher und hatten einen Riesenpokal organisiert. Aber sie hatten keinen Torhüter, so dass Klaus Besemer im Tor der Italiener stand und den Reuderner Sieg nicht verhindern konnte. Die italienischen Sportfreunde waren stinkesauer und zogen nach dem Spiel sofort ab, sie wollten nicht mal was vom selbst vorbereiteten Abendessen.
Viele Turbulenzen haben die SVR-Fußballer heil überstanden. Manchmal hing der Fortbestand der aktiven Mannschaft am seidenen Faden. Auch heute ist es nicht leicht, das Abteilungsleben zu organisieren und den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Die fetten Jahre scheinen zwar vorbei, aber die Verantwortlichen unternehmen alle Anstrengungen, um das SVR-Schiff wieder in erfolgreiche Fahrwasser zu steuern und nach 20 Jahren endlich wieder aus der sportlichen Versenkung aufzutauchen. Die Mitgliederzahlen gehen allerdings zurück, die Abteilung schrumpft immer mehr. Von den aktuell rund 950 Vereinszugehörigen zählen die Fußballer nur noch etwas mehr als 250.